Deutscher Herbst
Die neue Generation der RAF und der deutsche Herbst
Der Herbst 1977 ging als Deutscher Herbst in die Geschichte ein. Zu ihm zählen die Entführung und Ermordung Schleyers, die Entführung der Landshut und die Suizide in Stammheim. Der Deutsche Herbst war eine der schwersten Krisen der Bundesrepublik. Der Terrorismus war auf seinem Höhepunkt. Was passierte im September und Oktober 1977?
Wie kam es zum Deutschen Herbst?
Seit Juni 1972 saß der Kern der "ersten Generation" der Roten Armee Fraktion in Haft. In den Gefängnissen kämpften die Häftlinge gegen erschwerte Haftbedingungen und Isolationshaft: Sie traten in Hungerstreik. Im November 1974 starb Holger Meins an den Folgen des Hungerstreiks.
Draußen formierte sich seit der Verhaftung von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Co eine neue Generation, die zweite Generation der RAF. Siegfried Haag, der ehemalige Anwalt von Holger Meins, übernahm zunächst die Führung.
Auch Roland Mayer, Klaus Croissant, Karl-Heinz Dellwo, Lutz Taufer, Peter-Jürgen Boock, Susanne Albrecht, Silke Maier-Witt, Adelheid Schulz und Christian Klar gehörten zu der zweiten Genertion der RAF. Nach der Verhaftung Haags übernahm die aus der Haft entlassene Brigitte Mohnhaupt die Führung.
Geplant: die Freipressung von Gefangenen
Nach dem Vorbild der Entführung von Peter Lorenz durch die "Bewegung 2. Juni" im Februar 1975, bei der erfolgreich Geiseln freigepresst worden waren, wollte die RAF nun vorgehen.
Die Geiselnahme von Stockholm im April desselben Jahres ging jedoch schief. Zwei Geiseln starben, die Terroristen wurden festgenommen.
1977: das Terrorjahr
Die Strategie wurde geändert. Im Terrorjahr 1977 wurde Siegfried Buback, der Generalbundesanwalt, ermordet. Die geplante Entführung von Jürgen Ponto, Vorstandssprecher der Dresdner Bank, ging schief. Ponto wurde in seinem Haus erschossen. Die RAF nannte ihre Reihe von Terroranschlägen "Offensive 77".
Der Deutsche Herbst
Schließlich wurde im September der Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer entführt. Damit begann der sogenannte Deutsche Herbst. Die Täter erschossen Schleyers vier Begleiter.
Mehrere Wochen blieb Schleyer in der Gewalt seiner Entführer. Diese forderten die Freilassung von elf Gefangenen der RAF aus dem Gefängnis. Der Staat blieb hart und erfüllte diese Forderung nicht. Er wollte nicht erpressbar sein.
An der Schleyer-Entführung beteiligt waren Peter-Jürgen Boock, Willi-Peter Stoll, Sieglinde Hofmann, Stefan Wisniewski, Brigitte Mohnhaupt, Christian Klar, Rolf Clemens Wagner, Adelheid Schulz, Rolf Heißler, Angelika Speitel und Knut Folkerts.
Die Ereignisse in diesem Herbst, aber auch die politische Atmosphäre dieser Zeit, bezeichnet man als Deutschen Herbst.
Entführung der "Landshut"
Um die Forderung zu unterstützen, entführten palästinensische Terroristen die Lufthansa-Maschine "Landshut". Sie erschossen den Piloten. Nach einer mehrtägigen Irrfahrt landete die Landshut in Mogadischu (Somalia). Dort konnte das deutsche Sondereinsatzkommando GSG 9 die Maschine stürmen und die Geiseln befreien.
Suizid in Stammheim
Die Information über die gescheiterte Erpressung gelangte zu den Gefangenen Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe. Sie begingen jeder in seiner Zelle Suizid in der Todesnacht von Stammheim. Ulrike Meinhof hatte sich schon im Mai 1976 erhängt. Damit endete der Deutsche Herbst.
Der Name "Deutscher Herbst" wurde der Zeit erst im Nachhinein gegeben, und zwar nach einem Film, der 1978 erschien und "Deutschland im Herbst" hieß.