Der Zerfall von Österreich-Ungarn

Ende und Zerfall von Österreich-Ungarn

Im Herbst 1918 war es offensichtlich, dass der Erste Weltkrieg für die Mittelmächte verloren war. Die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn gehörte damit wie das Deutsche Reich und das Osmanische Reich zu den Kriegsverlierern. Hinzu kam, dass Österreich-Ungarn ein Vielvölkerstaat war. Die Bestrebungen der einzelnen Volksgruppen nach eigenen Nationalstaaten waren immer größer geworden.

Das alles führte zum Zerfall von Österreich-Ungarn. Kaiser Karl I. verzichtete am 11. November 1918 auf "jeden Anteil an den Staatsgeschäften", für Ungarn folgte das zwei Tage später. Ungarn wurde eigenständig und gab Siebenbürgen an Rumänien ab. Österreich wurde geteilt in die Republiken Deutschösterreich und die neu gegründete Tschechoslowakei, die auch Böhmen und Mähren erhielt.

Deutschösterreich gab außerdem Gebiete ab, die dann zu Italien kamen (z. B. Südtirol und Istrien), und solche, die zu neu entstehenden Ländern kamen, nämlich zu Polen (Galizien) und zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS-Staat, der u.a. Dalmatien erhielt, siehe dazu: Neuordnung auf dem Balkan). Auf der Karte sind die Gebietsabtretungen gut zu erkennen.

Vor dem Ersten Weltkrieg war die Doppelmonarchie flächenmäßig das zweitgrößte und bevölkerungsmäßig das drittgrößte Land in Europa gewesen. Ganz neue Staaten und somit Nachfolgestaaten von Österreich-Ungarn waren Deutschösterreich (das dann zur Republik Österreich wurde), Ungarn, die Tschechoslowakei und der SHS-Staat (ab 1929 Königreich Jugoslawien).
 

Pariser Vorortverträge von Saint Germain und Trianon

Der Vertrag von Saint-Germain (einer der Pariser Vorortverträge) bestätigte im Herbst 1919 diese Gebietsbestimmungen. Deutschösterreich musste sich nun Republik Österreich nennen. Ein Anschluss an das Deutsche Reich wurde verboten, das Wort "deutsch" sollte darum auch aus dem Namen verschwinden. Österreich musste Reparationszahlungen leisten und durfte nur ein begrenztes Berufsheer haben.

Mit Ungarn wurde ebenfalls ein Vertrag geschlossen (Vertrag von Trianon, Juni 1920). Die meisten Bestimmungen waren auch hier schon durchgesetzt worden. Auch Ungarn verlor große Gebiete an die Tschechoslowakei und auf dem Balkan, darunter Kroatien und die Slowakei.

Siebenbürgen ging an Rumänien und das Burgenland (damals: Deutsch-Westungarn) an Österreich. Ungarn verlor mehr als Zweidrittel seiner Fläche. In sehr vielen Gebieten lebten nun Volksangehörige nicht mehr in ihrem Land. Viele flohen auch in ihr Heimatland, was zum Beispiel Ungarn vor weitere Probleme stellte.
 

Die Erste Republik in Österreich

Wie im Deutschen Reich auch lag die Wirtschaft in Österreich darnieder und die Arbeitslosenzahlen stiegen. Es kam zur Hyperinflation, die nur durch eine Währungsreform beendet werden konnte. Die Krone als Währung wurde zum Jahreswechsel 1924/25 durch den Schilling ersetzt. Nach einem kleinen Aufschwung folgte auch hier die Weltwirtschaftskrise mit weiteren Arbeitslosen.
 

Ungarn: Königreich ohne König

In Ungarn war 1918 zunächst die Republik ausgerufen worden, zwischenzeitlich gab es eine Räterepublik. 1920 jedoch erklärte sich das Land offiziell zum Königreich – ohne jedoch einen König zu haben. Bis 1944 hatte das Bestand.

Es gab allerdings ein Staatsoberhaupt, einen "Stellvertreter des Königs". Er hieß Miklós Horthy und regierte autoritär und konservativ. Ungarn musste als Kriegsverlierer und Nachfolgestaat von Österreich-Ungarn ebenfalls Reparationszahlungen leisten, auch Ungarns Armee wurde beschränkt.
 


Blick zurück

Österreich-Ungarn war von seiner Fläche her das zweitgrößte Land in Europa (nach Russland), von der Bevölkerung her das drittgrößte (nach Russland und dem Deutschen Reich). Diese Doppelmonarchie mit einem Kaiser in Österreich und einem König in Ungarn (daher auch k. u. k., kaiserlich und königlich, genannt) bestand seit 1867. Franz Joseph I. und nach seinem Tod 1916 sein Nachfolger Karl I. waren dann sowohl Kaiser als auch König der Doppelmonarchie.