Gerichtssendungen
Gerichtssendungen
Wie die täglichen Talkshows in den 90er Jahren zu einem Renner wurden, so kamen auch die Gerichtssendungen nun zu einem neuen Boom. Es hatte auch zuvor schon solche Sendungen gegeben, sie wurden aber nur monatlich oder noch seltener ausgestrahlt. Vor allem das ZDF hatte solche Gerichtssendungen im Programm, etwa "Ehen vor Gericht", "Wie würden Sie entscheiden?" oder das "Verkehrsgericht". Diese Senungen wurden alle 2000 oder 2001 eingestellt.
Mit einem neuen Konzept startete 1999 im ZDF "Streit um drei". Sie lief täglich von montags bis donnerstags um 15.10 Uhr, ab 2000 dann auch freitags. Echte Gerichtsfälle wurden hier nachgestellt und von einem Richter verhandelt, der im echten Leben auch Richter war. Allerdings waren die Streitenden selbst erfunden. Die Fälle kamne aus dem Bereich des Zivilrechts. Es ging also eher um alltägliche Fälle, wie Streit von Nachbarn oder ähnliches.
In den drei Fällen jeder Folge spielten professionelle Schauspieler die streitenden Parteien. Ein Moderator befragte die Zuschauer in der Verhandlungspause über das zu erwartende Urteil. Anschließend wurde noch ein Rechtsexperte befragt.
Anders als bei dem älteren Konzept, das durchaus Rechtskenntnisse vermitteln wollte, ging es nun vor allem um Unterhaltung. 2003 wurde die Sendung eingestellt. Die Einschaltquoten waren zugunsten der neuen Gerichtsshows auf den Privatsendern gesunken.
Gerichtsshows auf den Privatsendern
Die Privatsender SAT.1 und RTL starteten ebenfalls mit Gerichtssendungen, jedoch mit einem anderen Konzept. Zwar liefen auch diese täglich von Montag bis Freitag am Nachmittag, doch es wurden wahre Gerichtsshows inszeniert. Die Darsteller waren Laien und es wurden Fälle aus dem Strafrecht verhandelt, die darum um einiges spektakulärer waren als die Fälle aus dem Zivilrecht. Es gibt ein Drehbuch, dass in etwa den Verlauf vorgibt (Scripted Reality).
SAT.1 startete im September 1999 mit "Richterin Barbara Salesch". Wurden anfangs noch zivilrechtliche Fälle von der echten Richterin Barbara Salesch verhandelt, wurde das Konzept dann im Oktober 2000 erfolgreich geändert. 2001 startete ebenfalls auf SAT.1 "Richter Alexander Holt". Diese beiden Sendungen waren die erfolgreichsten Gerichtsshows im deutschen Fernsehen. Es treten Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Beschuldigte, Zeugen, Sachverständige und viele mehr auf.
Anders als in echten Prozessen sind in den Gerichtsshows Gefühlsausbrüche, Zwischenrufe oder Geschrei gewünscht und gewollt. Es kommt zu Beleidigungen und tätlichen Angriffen. Staatsanwalt und Rechtsanwalt greifen sich ebenfalls oft lautstark an.
Meist werden Aufsehen erregende Fälle verhandelt, bei denn es um Raub, Mord oder Vergewaltigung geht. Zeugen entpuppen sich plötzlich als Täter, um den Unterhaltungswert zu erhöhen. Oft nimmt so der Fall eine unerwartete Wendung, auch wenn zum Beispiel plötzlich neue Beweise auftauchen oder der wahre Täter plötzlich doch gesteht. Auch dauert eine echte Verhandlung meist Tage oder Monate und nicht nur eine Stunde.
Weitere erfolgreiche Gerichtsshows waren "Das Jugendgericht" (2001 bis 2007), "Das Strafgericht" (2002 bis 2008) und "Das Familiengericht" (2002 bis 2007). Alle liefen auf RTL. Zeitweise liefen täglich mehrere Gerichtsshows.
"Richterin Barbara Salesch" und "Richter Alexander Holt" wurden 2012 bzw. 2013 abgesetzt. Barbara Salesch darf allerdings seit 2022 wieder Urteile im Fernsehen sprechen, nun aber auf RTL. Auch "Das Strafgericht" läuft seit 2022 wieder. Die Gerichtsshows erleben also eine Wiederbelebung.