Zensur für "Schmutz und Schund"! Wo ist die Pressefreiheit?

Pressefreiheit und Zensur in der Weimarer Republik

Heute ist die Pressefreiheit eines der höchsten Güter einer Demokratie. Der Eingriff des Staates auf das, was in Zeitungen, in Filmen oder im Fernsehen gezeigt und veröffentlich werden darf, ist hingegen das Zeichen einer Diktatur.

Wie war das mit der Pressefreiheit in der Weimarer Republik? In der Weimarer Verfassung von 1919 wurde die Freiheit von Schrift und Wort garantiert – wenn auch schon hier mit kleinen Einschränkungen.
 

Artikel 118 besagte:

"Jeder Deutsche hat das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Gesetze seine Meinung durch Wort, Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise frei zu äußern. An diesem Rechte darf ihn kein Arbeits- oder Anstellungsverhältnis hindern, und niemand darf ihn benachteiligen, wenn er von diesem Rechte Gebrauch macht.

Eine Zensur findet nicht statt, doch können für Lichtspiele durch Gesetz abweichende Bestimmungen getroffen werden. Auch sind zur Bekämpfung der Schund- und Schmutzliteratur sowie zum Schutze der Jugend bei öffentlichen Schaustellungen und Darbietungen gesetzliche Maßnahmen zulässig."
 

Das Republikschutzgesetz

Bereits 1922 wurde die Pressefreiheit weiter eingeschränkt. Nach dem Mord an Walter Rathenau wurde nämlich das Republikschutzgesetz erlassen. Druckschriften, die für republikfeindlich erachtet wurden, durften beschlagnahmt und verboten werden.

Angewandt wurde das Gesetz dann vor allem gegen politisch links stehende Autoren. Johannes R. Becher wurde zum Beispiel 1925 wegen "literarischen Hochverrats" angezeigt, weil er den Antikriegsroman "Levisite oder der einzig gerechte Krieg" veröffentlicht hatte. Immerhin wurde das Verfahren 1928 eingestellt.
 

Schmutz und Schund

1926 kam es zu einer weiteren Verschärfung. Das Schmutz- und Schundgesetz sollte Kinder und Jugendliche vor gefährlichen Schriften schützen. Angeblich unmoralische oder verderbliche Literatur wurde nun als Schundliteratur bezeichnet. Schund galt als minderwertig.

Verboten werden sollten auch die beliebten Heftromane, die es billig zu kaufen gab und die darum oft als Groschenroman bezeichnet werden. Sie kosteten nur einen oder ein paar Groschen (eine Münze im Wert von 10 Pfennigen).

In Berlin und München wurden Prüfstellen eingerichtet. Wurde ein Werk als "Schund" deklariert, durfte es nur an Personen über 18 Jahre und nur "unter der Ladentheke" verkauft werden, also nicht öffentlich ausliegen.
 

Pressenotverordnung

Eine der vielen Notverordnungen, die gegen Ende der Weimarer Republik erlassen wurden, war die Pressenotverordnung von 1931. Das Verbot von Zeitungen konnte nun noch schneller und leichter durchgesetzt werden.

Carl von Ossietzky wurde 1931 zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil in der von ihm herausgegebenen "Weltbühne" über den  heimlichen Aufbau einer deutschen Luftwaffe berichtet worden war (was der Versailler Vertrag verbot). Man sprach vom Weltbühne-Prozess.
 

Film- und Theaterzensur

Auch auf Filme und Theaterstücke wurde die Zensur angewandt. So durften die linksgerichteten Filme "Panzerkreuzer Potemkin" (1926) und "Kuhle Wampe" (1932) erst nach zahlreichen Schnitten und Kürzungen oder gar nicht mehr gezeigt werden.

Bertolt Brechts Stück "Die Mutter" wurde nach der Uraufführung 1932 verboten, "Die heilige Johanna der Schlachthöfe" kam gar nicht erst zur Aufführung.
 

Schriftsteller organisieren sich

Schon 1909 entstand der Schutzverband deutscher Schriftsteller (SDS). In der Weimarer Republik erlangte er nun größere Bedeutung. Gemeinsam hoffte man sich mehr Schutz vor den Eingriffen des Staates.

Ein weiterer Verband war der Bund Proletarisch-Revolutionärer Schriftsteller. Dieser wurde 1928 gegründet und stand der KPD nah. Vor der Zensur konnten die Verbände am Ende jedoch nicht schützen.

Ein loser Zusammenschluss von linken Autoren war die Gruppe 1925, die 1925 in Berlin gegründet wurde. Sie protestierten zum Beispiel gegen die Zensur von Johannes R. Bechers Roman "Levisite" (s.o.). Von den 39 Mitgliedern emigrierten 32 nach der Machtergreifung durch Hitler.

Ein internationaler Autorenverband war P.E.N., der 1921 in England gegründet wurde. Er trat für Frieden und Völkerverständigung ein, setzte sich dann aber auch zunehmend gegen Zensur ein. Das deutsche P.E.N.-Zentrum wurde 1925 gegründet.