Frankreich: die Dritte Republik

Nach dem Deutsch-Französischen Krieg (1870/71), den Frankreich verlor, und dem Sturz Napoleons III. war Frankreich erneut eine Republik geworden. Die Erste Republik hatte von 1792 bis 1804 bestanden, die Zweite Republik von 1848 bis 1852. Nun also entstand die Dritte Französische Republik. Sie hatte von 1871 bis 1940 Bestand.

Als eine der wenigen Republiken in Europa war Frankreich einer der modernsten Staaten: mit einem Wahlrecht für alle Männer, einer Vielzahl an Parteien und einer sehr weitgehenden Pressefreiheit. Dem zu dieser Zeit verbreiteten Imperialismus schloss sich jedoch auch Frankreich an. Immer wieder gab es zudem Versuche, die Monarchie mit einem Staatsstreich wieder einzuführen.

Die dritte Republik in Frankreich: Kolonialismus

Seit 1830 baute Frankreich sein Kolonialreich erneut auf, und zwar in erster Linie in Afrika. Bis 1897 eroberte es den größten Teil West- und Zentralafrikas. Auf der Karte links ist das (in Blau) gut zu erkennen. 1860 bis 1862 waren schon Teile Südostasiens an Frankreich gefallen, die Kolonie Französisch-Indochina (heute Laos, Kambodscha und Vietnam). Frankreich entwickelte sich nach Großbritannien zur zweitgrößten Kolonialmacht der Welt.

Wettlauf um Afrika

Unter den europäischen Mächten kam es zwischen 1880 und 1914 zum "Wettlauf um Afrika". Die Länder wollten mit den afrikanischen Kolonien ihre Macht sichern. Auch die Rohstoffe Afrikas waren begehrt, z.B. Baumwolle, Kupfer, Zinn, Kautschuk, Tee. Frankreich sicherte sich große Gebiete. 1895 wurden die französischen Kolonien in Westafrika zu "Französisch-Westafrika" zusammengefasst, 1910 die Gebiete in Zentralafrika zu "Französisch-Äquatorialafrika". Bis 1914 war der Kontinent unter wenigen europäischen Ländern aufgeteilt.

Die dritte Republik in Frankreich: Faschodakrise (1898)

Zum Höhepunkt des Wettlaufs um Afrika wurde die Faschodakrise 1898. Während Großbritannien danach strebte, in Afrika ein durchgängiges englisches Gebiet von Nord nach Süd zu errichten und dies mit einer Eisenbahnlinie zu verbinden (Kap-Kairo-Plan), wollte Frankreich sich seine Macht durch einen Gürtel von Ost nach West (von Dakar im Senegal ganz im Westen bis nach Dschibuti nah dem Roten Meer im Osten) sichern.

In dem Ort Faschoda am Nil trafen britische Truppen unter General Kitchener und französische Truppen unter Major Marchand aufeinander. Man einigte sich schließlich friedlich und Marchand und seine Männer zogen sich zurück. im Sudanvertrag akzeptierte Frankreich den Sudan als Ostgrenze seiner Kolonie Französisch-Äquatorialafrika. Der Vertrag war eine wichtige Voraussetzung für die Entente cordiale 1904 (Bündnis zwischen Frankreich und Großbritannien, siehe auch: Großbritannien).

Die dritte Republik in Frankreich: Die Dreyfus-Affäre (1894-1906)

Eine weitere Krise im Frankreich der Jahrhundertwende war die Dreyfus-Affäre. Alfred Dreyfus war ein französischer Offizier jüdischen Glaubens, der ursprünglich aus dem Elsass stammte, das 1871 an das Deutsche Reich gefallen war. Er wurde das Opfer eines Justizirrtums, er wurde also fälschlicherweise eines Verbrechens beschuldigt, nämlich des Landesverrats. Man warf ihm 1894 vor, militärische Geheimnisse an die Deutschen verraten zu haben. Er wurde aufgrund eines Schriftgutachtens, das seine Schuld zu beweisen schien, verurteilt und verbannt. Man brauchte ihn nach Französisch-Guayana in Südamerika, wo er unter schlimmen Bedingungen in Haft saß

In Frankreich erregte der Fall indessen großes Aufsehen. Neue Beweise kamen ans Licht, die auf Dreyfus' Unschuld hinwiesen und einen Major Esterházy beschuldigten. Doch mehrere Generäle bestätigten ihre alten Aussagen und fälschten sogar Beweise, um Dreyfus weiterhin als Schuldigen dastehen zu lassen. In der Bevölkerung war man empört. Der bekannte Schriftsteller Emile Zola veröffentlichte einen offenen Brief an den Staatspräsidenten Félix Faure, um auf das Unrecht gegenüber Dreyfus hinzuweisen (J'accuse, "Ich klage an").

Im Juni 1899 kam es zu einem neuen Prozess, in dem jedoch die Verurrteilung bestätigt wurde, die Strafe jedoch in Festungshaft umgewandelt wurde. Dreyfus akzeptierte kurz darauf seine Begnadigung, verzichtete dafür aber auf eine Berufung (in der er seine Unschuld hätte beweisen können). 1902 hatten die Linken die Wahl gewonnen. Nun kam es noch einmal zur Aufhebung des alten Urteils und Dreyfus wurde 1906 freigesprochen.

Erster Weltkrieg

An der Seite von Großbritannien trat Frankreich 1914 in den Ersten Weltkrieg ein (12. August 1914). Es wollte das im Deutsch-Französischen Krieg verloren gegangene Elsass-Lothringen zurückgewinnen.

Frankreich gehörte 1918 zu den Siegermächten. Jedoch waren große Teile im Norden des Landes durch den Krieg verwüstet worden. 1,5 Millionen französischer Soldaten waren im Krieg gefallen.

Die dritte Republik in Frankreich währte bis 1940.


Blick zurück

1763 musste Frankreich nach dem Siebenjährigen Krieg im Pariser Frieden große Teile seiner Kolonien an Großbritannien abgeben. In Nordamerika verlor Frankreich alle Gebiete außer dem Westteil von Hispaniola (heute Haiti). Das erste Kolonialreich Frankreichs fand somit ein Ende. Erst ab 1830 baute Frankreich ein neues Kolonialreich auf.


Blick voraus

Nach dem Zweiten Weltkrieg kommt es in Frankreich zunächst zu einer provisorischen Regierung, die von der Vierten und Fünften Republik abgelöst wird. Charles de Gaulle ist ab 1958 wieder Staatspräsident. Siehe auch hier.