In der Schule
Schule und Schulsystem in der DDR
Das Schulsystem in der DDR unterschied sich grundlegend von dem in der Bundesrepublik. Alle Kinder wurden in die POS eingeschult, in die Polytechnische Oberschule. Die Einschulung erfolgte immer zum 1. September eines Jahres. Die POS gliederte sich in die drei Stufen Unter-, Mittel- und Oberstufe (1.-3. Klasse, 4.-6. Klasse, 7.-10. Klasse). Die Kinder der Unterstufe besuchten nach der Schule meist einen Hort. Mit der Einschulung wurden die Schüler meist geschlossen bei den Jungen Pionieren aufgenommen.
Polytechnische Oberschule - was bedeutet das?
Der Name der Polytechnischen Oberschule ist Programm: Obwohl das Wort Oberschule traditionell mit höherer Schulbildung verknüpft ist und Grundschüler somit eigentlich keine Oberschüler sein können, nannte man die Schulen der DDR so. Man wollte betonen, dass alle Schüler Oberschulbildung erhalten und somit die gleichen Voraussetzungen bekommen sollten.
Polytechnischer Unterricht
Das Wort polytechnisch drückt aus, dass hier polytechnischer Unterricht stattfindet. Das ist ein Unterricht, bei dem man hohen Wert auf Praxisbezug legt. Von klein an sollten Kinder mit der Arbeitswelt vertraut werden.
Der Schwerpunkt im Unterricht lag zudem bei den Naturwissenschaften (und nicht z. B. bei den Sprachen). Der Polytechnische Unterricht zog sich durch alle Klassenstufen.
Die Erst- bis Sechstklässler erhielten vor allem Werkunterricht und betätigten sich im Schulgarten. Jede Schule besaß einen solchen Schulgarten, wo z. B. Obst und Gemüse angebaut wurden.
ESP, TZ und PA
Ab der 7. Klasse kamen drei neue Fächer dazu: In "Einführung in die sozialistische Produktion" (ESP) wurden die theoretischen Grundlagen unterrichtet, u.a. Kenntnisse in Elektronik, Informatik und Konstruktion.
Im Fach Technisches Zeichnen (TZ) lernten die Schüler die Grundlagen für Konstruktionszeichnungen.
Praktisch wurde es dann im Fach "Produktive Arbeit" (PA). Die Schüler besuchten je nach ihrer Wohnlage in der Stadt oder auf dem Land einmal in der Woche Betriebe in der Industrie oder in der Landwirtschaft und erhielten dort Arbeitsaufgaben. In der 10. Klasse sollte der polytechnische Unterricht mit einem Lehrgang in Elektrotechnik abschließen.
Weitere Schulfächer und Prüfungen in der DDR
Ganz schön anders als heute, oder? Wie würde dir so ein Unterricht gefallen?
Es gab aber noch mehr Unterschiede zum Schulsystem der BRD. Der Russisch-Unterricht war für alle Schüler ab der 5. Klasse verpflichtend als erste Fremdsprache. Das galt schon seit 1951.
Ab der 7. Klasse konnte eine weitere Fremdsprache gewählt werden. Das war meist Englisch, manchmal auch Französisch oder Spanisch. Die zweite Fremdsprache war Pflicht, wenn man auf die EOS (siehe unten) wechseln wollte.
Ebenfalls in Klasse 7 begann der Staatsbürgerkundeunterricht. Ab 1978 wurden Neuntklässler in Wehrkunde unterrichtet, was meist als Blockveranstaltung durchgeführt wurde.
In der 10. Klasse gab es Unterricht in Astronomie, was sehr beliebt war. Andere Fächer wie Deutsch, Mathe, Kunst und Musik, Biologie, Erdkunde, Geschichte, Physik (ab der 6. Klasse) und Chemie (ab der 7. Klasse) gab es natürlich auch. Zum Sportunterricht gehörte das Schwimmen, manchmal auch Eislaufen.
Am Ende der 10. Klasse gab es vier schriftliche und zwei bis fünf mündliche Prüfungen sowie eine Sportprüfung. Bestand man die, hatte man den Schulabschluss in der Tasche.
Spezialschulen
Es war auch möglich, eine Spezialschule zu besuchen. Das waren Schulen mit einem bestimmten Schwerpunkt, z. B. Russischschulen (mit erweitertem Russisch-Unterricht), mathematisch-naturwissenschaftliche Spezialschulen (für mathematisch Begabte), die Kinder- und Jugendsportschulen (für sportlich Begabte) oder die Spezialschulen für Musik (für musisch Begabte).
Noten, Ferien und Schulalltag in der DDR
Es gab in der DDR nur fünf Noten (Sehr gut, Gut, Befriedigend, Genügend, Ungenügend). Auf dem Zeugnis waren zudem die Kopfnoten notiert, für Fleiß, Ordnung, Mitarbeit und Betragen.
Die Sommerferien waren acht Wochen (!) lang. Dafür fand aber auch am Samstag Unterricht statt. Regelmäßig zu bestimmten Anlässen fand der Fahnenappell der Jungen Pioniere und der FDJ statt.
Nachmittags fanden nicht nur die Pioniernachmittage statt, sondern auch zahlreiche Interessenszirkel und Arbeitsgemeinschaften. Für die 9. und 10. Klassen gab es "fakultative Kurse", z. B. Kfz-Technik, Mikrobiologie oder Russische Konversation.
EOS - Erweiterte Oberschule
An der Erweiterten Oberschule (EOS) konnte das Abitur gemacht werden. Etwa 10 Prozent der Schüler wurden zur EOS zugelassen. Dafür war in der Regel ein Notendurchschnitt von 1,7 die Voraussetzung. Eine bestimmte Anzahl von Mädchen war genauso vorgesehen wie die Förderung von Arbeiterkindern auf das Abitur hin. Berufswünsche wie Offizier oder Lehrer konnten ebenfalls zu einer Zulassung verhelfen.
Entscheidend war darüber hinaus die "richtige" politische Einstellung, was sich z. B. in besonderem Maße durch Engagement bei den Jungen Pionieren oder in der FDJ und in der Teilnahme an der Jugendweihe zeigte.
Der Übergang erfolgte nach der 8. Klasse, der Besuch der EOS umfasste dann die 9. bis 12. Klasse, also vier Jahre. Bis 1967 erhielten die Schüler parallel eine Berufsausbildung. In den 1980er Jahren stellte man das System noch einmal um und der Wechsel von der POS zur EOS erfolgte generell erst nach der 10. Klasse.
Berufslenkung
Schon früh begann man auf die Berufswünsche der Schüler Einfluss zu nehmen. So wurden diese Wünsche ab der 7. Klasse erfasst und es gab regelmäßig Berufsberatung in der Schule durch einen eigenen Lehrer. Berufe, die gemäß der Planwirtschaft benötigt wurden, bewarb man besonders.
Mädchen wurden dahingehend gelenkt, dass sie von klein auf mit Technik und Wissenschaft in Berührung gebracht wurden und in diesen Bereichen gefördert wurden.