Gastarbeiter - Gast oder Arbeiter?
Gastarbeit
In den 60er und 70er Jahren kamen viele Menschen als Gastarbeiter nach Deutschland. Warum kamen sie? Die Wirtschaft der Bundesrepublik war in den 1950er Jahren so sehr gewachsen, dass Arbeitskräfte fehlten. Darum warb man nun bis 1973 Arbeiter aus anderen Ländern an. Das nannte man Gastarbeit.
Diese Politik des Anwerbens hatte Auswirkungen auf das Leben in der Bundesrepublik, das plötzlich viel bunter wurde. Die Einwanderung brachte aber auch Probleme mit sich. Gegenseitiges Unverständnis oder gar Ablehnung waren anzutreffen. Bis heute ist Integration ein wichtiges Thema in der Politik.
Was sind Gastarbeiter?
Die Arbeitnehmer, die aus dem Ausland kamen, um in Deutschland zu arbeiten, nannte man also Gastarbeiter. Ein komisches Wort – war er nun Gast oder Arbeiter? Einen Gast lässt man doch nicht arbeiten, oder?
Es war ursprünglich geplant, dass die ausländischen Arbeitnehmer nur für wenige Jahre in die Bundesrepublik kommen sollten. Dann sollten sie nach Hause zurückkehren und von neuen Arbeitern abgelöst werden.
Immer mehr Gastarbeiter in der Bundesrepublik
Die Zahl der Gastarbeiter stieg schnell an. 1966 waren es schon 1,31 Millionen Menschen. Die meisten kamen damals aus Italien und Jugoslawien, gefolgt von Griechenland und Spanien.
Erst später holte die Türkei auf und wurde schließlich zu dem Land, aus dem die meisten ausländischen Arbeitnehmer kamen. 1971 hatte sich die Zahl der Gastarbeiter im Vergleich zu 1966 noch einmal verdoppelt.
Anwerbestopp
Die Gastarbeiter kamen, um in der Bundesrepublik Geld zu verdienen. Sie kamen also auch in ihrem eigenen Bewusstsein vor allem als Arbeitskräfte. Die Aufenthaltsdauer aber stieg an. Das hatte mehrere Gründe.
So stiegen die Löhne in dieser Zeit generell sehr an. Der Verdienst der Gastarbeiter stieg also auch, insbesondere im Vergleich zu dem Verdienst in ihren Heimatländern.
Auch die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik waren besser als in vielen südeuropäischen Ländern. Außerdem war es schwierig, auszureisen und dann wiederzukommen.
Darum überlegten sich viele Menschen, ganz in Deutschland zu bleiben. Sie begannen ihre Familien nachzuholen. Das geschah verstärkt nach dem Anwerbestopp 1973.
Rückkehrhilfe für Gastarbeiter
Ein Problem war, dass es immer mehr Ausländer gab, die dann aber arbeitslos waren.
Um ihnen die Rückkehr in ihre Heimatländer zu erleichtern, wurde 1983 sogar ein Gesetz beschlossen. Man zahlte eine "Rückkehrhilfe" an solche arbeitslosen Ausländer. Einige von ihnen kehrten heim, andere blieben.
Wie erging es den Kindern und Enkeln der Gastarbeiter?
Und die Kinder der Gastarbeiter? In der Bundesrepublik wurden viele Kinder geboren, deren Eltern Italiener oder Türken waren. Mit der Geburt in Deutschland waren sie dennoch nicht Deutsche, denn es gilt das Gesetz der Herkunft - anders als zum Beispiel in den USA: Ein dort geborenes Kind ist automatisch US-amerikanischer Staatsbürger.
Um die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben, mussten die Gastarbeiter-Kinder genauso wie ihre Eltern, Bedingungen erfüllen. Man musste 15 Jahre hier leben und arbeiten.
Heute ist das übrigens anders: Kinder, deren Eltern hier schon mindestens acht Jahre leben, werden automatisch zu deutschen Staatsbürgern. Später (im Alter zwischen 18 und 23 Jahren) müssen sie sich dann allerdings entscheiden, ob sie die deutsche Staatsangehörigkeit oder die ihres Herkunftslandes besitzen wollen.
Von den bis 1973 angeworbenen 14 Millionen Ausländern kehrte übrigens der Großteil, nämlich 11 Millionen, wieder zurück in ihre Heimat.
Den höchsten Zuzug erlebte die Bundesrepublik erst 1988 bis 1993. Heute leben rund 14 Millionen Ausländer in der Bundesrepublik (Ende 2023). Die Türken stellen den größten Teil mit 1,5 Millionen.
Blick voraus
Heute (Statistisches Bundesamt, 2021) beträgt der Anteil der Ausländer an der Bevölkerung 13,1 Prozent. Der Anteil an der Bevölkerung "mit Migrationshintergrund", wie man sagt, beträgt 27,2 Prozent (Zahlen von 2021: Statistisches Bundesamt). Dazu gehören alle, die selber oder deren Eltern oder Großeltern nach Deutschland ausgewandert sind. Etwas mehr als die Hälfte von ihnen (53 Prozent) hat einen deutschen Pass. Ein Drittel von ihnen wurde in Deutschland geboren, ist also nicht selbst eingewandert.
Seit einigen Jahren ist man sich darüber einig, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist – was die Politik lange bestritten hat. Darum wird der Integration heute auch eine höhere Bedeutung zugemessen als früher. Die hier lebenden Ausländer sollen zur Gesellschaft gehören und nicht von ihr ausgeschlossen werden. Dazu bedarf es einiger Anstrengungen und gegenseitigen Verständnis' von beiden Seiten.
Das Zuwanderungsgesetz von 2005 schreibt staatliche Maßnahmen zur Integration nun auch gesetzlich fest. Zu solchen Maßnahmen gehören Integrationskurse. Darin lernen Zuwanderer die deutsche Sprache und ihnen werden Kenntnisse über die deutsche Gesellschaft vermittelt. Seit 2008 müssen zugezogene Ausländer, die die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen wollen, außerdem einen "Einbürgerungstest" bestehen. Maßnahmen wie diese werden auch kritisch gesehen. Schließlich werden hier Fragen gestellt, die so mancher Deutscher wohl auch nicht beantworten könnte.
Übrigens: Damit Deutschland wirtschaftlich bestehen kann und vor allem das Rentensystem nicht zusammenbricht, benötigen wir einen noch viel größeren Zuzug als wir ihn derzeit haben. Zumal auch viele Menschen aus Deutschland auswandern, also wegziehen.