Mit Heiratsurkunde ins Schwimmbad
In der Zeit vor der Jahrhundertwende gab es schon öffentliche Badeanstalten, aber da badeten Männer und Frauen fast immer getrennt. Familienbäder, in denen sich die ganze Familie traf, wurden abgelehnt, denn das gehörte sich nicht. Doch die Franzosen waren wie so oft schneller: In Frankreich entstanden auch schon vor 1900 Bäder, in denen sich die ganze Familie, Männer und Frauen, Mädchen und Jungen, gemeinsam aufhielten und ihre Freizeit verbrachten.
Herzlichen Dank an das Haus des Dokumentarfilms in Stuttgart, das uns freundlicherweise das Filmmaterial zur Verfügung gestellt hat.
Wie sah es in einem Schwimmbad aus?
Diese Filmaufnahme stammt aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Hier ging es schon etwas freizügiger zu. Badehosen und Badeanzüge waren üblich.
Die ersten Familienbäder in Deutschland gab es ab der Jahrhundertwende
Im Jahre 1902 wurde das erste Familienbad auf der Nordseeinsel Norderney eröffnet. Doch gab es hier sehr genaue Vorschriften, wie das Baden in einem solchen Familienbad abzulaufen hatte. Badekarten wurden nur an Familien verkauft. Gut, das klingt logisch, hieß das Bad ja auch Familienbad. Damit wollte man aber verhindern, dass vielleicht alleinstehende Herren so ein Bad besuchten, um einfach nur zu gucken.
Die Badekleider waren noch bodenlang
Doch soviel gab es da gar nicht zu sehen, denn die Damen trugen einen aus Flanell oder Wolle gefertigten Badeanzug, der bis zum Hals geschlossen war und in Falten am Körper herunterhing. Warum in Falten? Damit man die Körperformen nicht sehen konnte, das war nämlich nicht schicklich. Allerdings erging es den Männern auch nicht sehr viel besser, denn auch sie mussten einen Anzug tragen, der bis zum Hals schloss. An Sonnenbaden war da wohl kaum zu denken. Zumindest schädigte man sich seine Haut nicht und Sonnencreme war auch überflüssig. Noch dazu mussten die Anzüge dunkel, undurchsichtig und geschlossen sein. Das klingt nicht allzu bequem und schon gar nicht chic.
Dies änderte sich im Laufe der Zeit. Was um 1900 noch als unschicklich galt, das Baden in Badehosen, war gegen 1915 schon kein Problem mehr.
Baden war ein Vergnügen, das sich Familien leisten konnten
Trotz der Vorschriften gab es viele Familien, die ein Familienbad besuchten. Allzu viele Freizeitvergnügen hatte man ja noch nicht zu dieser Zeit. Und ein Badbesuch war noch einigermaßen zu bezahlen, teure Urlaubsreisen konnten sich ja nur die wenigsten leisten. So wurde das Familienbad mit der Zeit zu einem wichtigen Treffpunkt für die Familien, an dem man plaudern konnte, gemeinsam baden, spielen und einfach seine Zeit verbringen.
Das älteste Familienfreibad Deutschlands steht übrigens in Freiburg. Es gibt es immer noch und seine alten Holzumkleidekabinen sind 125 Jahre alt.