Bewegung 2. Juni
Entstehung der Bewegung 2. Juni
Nach dem Zerfall der Studentenbewegung taten sich mehr und mehr militante Gruppen zusammen. Aus einer von ihnen entwickelte sich die Bewegung 2. Juni.
In einer Berliner Wohngemeinschaft, der Wielandkommune, lebten 1969 Männer und Frauen, die neue Wohnformen ausprobieren wollten, ähnlich wie die Kommune 1. Anders als deren Mitglieder hatten diese meist keinen gutbürgerlichen Hintergrund, sondern stammten aus der Arbeiterklasse.
Begnügte man sich zunächst mit Ladendiebstahl und dem Konsum von Haschisch, um die bürgerliche Gesellschaft zu untergraben, begingen einige schließlich auch schwere Straftaten.
Tupamaros West-Berlin
Einige Mitglieder der Wielandkommune taten sich zusammen, um als Stadtguerilla aktiv zu sein. Ihr Vorbild waren die Tupamaros in Uruguay, die dort als Stadtguerilla gegen die Regierung kämpfte.
Georg von Rauch, Thomas Weisbecker und Michael "Bommi" Baumann gehörten zu denen, die bekannt wurden als "Tupamaros West-Berlin".
Sie überfielen und verletzten einen Journalisten, weil der die von ihnen verübten Brandanschläge scharf verurteilt hatte. Die drei wurden festgenommen. Im Sommer 1970 löste sich die Gruppe schon wieder auf. Aus ihr ging jedoch dann die Bewegung 2. Juni hervor.
Per Verwechslung in die Freiheit
Am 8. Juli 1971 fand der Prozess wegen des Überfalls auf den Journalisten statt, wurde dann aber auf den 16. Juli vertagt. Bommi Baumann und Thomas Weisbecker wurde bis dahin Haftverschonung gewährt, sie durften also das Gefängnis verlassen. Da sich Weisbecker und Georg von Rauch recht ähnlich sahen, vertauschten sie ihre Rollen…
Georg von Rauch marschierte in die Freiheit, Weisbecker blieb. Nachdem er seine wahre Identität preisgegeben hatte, wurde auch er freigelassen… Erst einen Tag später überlegte man sich, dass auch Thomas Weisbecker wieder per Haftbefehl gesucht werden sollte, schließlich hatte er Georg von Rauch zur Flucht verholfen. Doch zu spät, auch er tauchte unter.
Die Gründung der Bewegung 2. Juni
Am 4. Dezember 1971 kam es bei dem Versuch der Festnahme von Georg von Rauch und Bommi Baumann zu einem Schusswechsel. Georg von Rauch wurde dabei erschossen.
Daraufhin trafen sich Anfang 1972 mehrere linksmilitante Gruppen und schlossen sich zur Bewegung 2. Juni zusammen. Sie nannten sich nach dem Todesdatum von Benno Ohnesorg, dem Studenten, der bei der Demonstration gegen den Schah-Besuch erschossen wurde.
Zu den Mitgliedern der Bewegung 2. Juni gehörten neben Michael Baumann Ronald Fritsch, Ralf Reinders, Robert Jarowoy, Norbert Kröcher, Gabriele Kröcher-Tiedemann, Juliane Plambeck, Gabriele Rollnick, Werner Sauber, Ina Siepmann, Götz Tilgener, Inge Viett, Verena Becker und Till Meyer.
Sprengstoff- und Brandanschläge durch die Bewegung 2. Juni
Die Gruppe verübte mehrere Sprengstoffanschläge. Bei einem davon auf den britischen Yachtclub in Berlin starb der Hausmeister, als er eine der Bomben untersuchen wollte.
Thomas Weisbecker wurde am 2. März 1972 bei seiner Festnahme erschossen. Einen Tag später wurde am 3. März auf das Landeskriminalamt Berlin ein Sprengstoffanschlag verübt.
Am 5. Mai 1972 wurde ein Brandanschlag auf die juristische Fakultät der Freien Universität verübt.
Hungerstreik und Ermordung von Günter von Drenkmann
Am 13. September 1974 traten Mitglieder der Bewegung 2. Juni, die im Gefängnis saßen, in den Hungerstreik, zusammen mit Mitgliedern der RAF. Man forderte normale Haftbedingungen und die Gleichstellung aller Gefangenen statt Sonderbedingungen für die politischen Gefangenen.
Eines der RAF-Mitglieder, Holger Meins, starb am 9. November 1974 an den Folgen des Hungerstreiks.
Am 10. November 1974 wurde der Präsident des Berliner Kammergerichts, Günter von Drenkmann, bei dem Versuch, ihn zu entführen, erschossen.
Die Lorenz-Entführung
Am 27. Februar 1975 wurde Peter Lorenz durch die Bewegung 2. Juni entführt. Er war der Spitzenkandidat der CDU im gerade laufenden Berliner Wahlkampf. Man verlangte die Freilassung von mehreren politischen Gefangenen.
Nach fünfeinhalb Tagen wurde Lorenz freigelassen, nachdem die Forderungen erfüllt worden waren. Zum ersten, aber auch zum einzigen Mal in der Geschichte der Bundesrepublik waren damit durch die Entführung eines Politikers Gefangene freigepresst worden.
Weitere Aktionen
Zwei Banküberfälle im Juli 1975 sowie die Entführung eines österreichischen Unternehmers und seine Freilassung gegen Lösegeld im November 1977 gingen ebenfalls auf das Konto der Bewegung 2. Juni.
Im Juli 1976 konnten einige weibliche Gefangene fliehen, darunter Inge Viett, der schon im August 1973 einmal die Flucht gelungen war.
Im Mai 1978 wurde Till Meyer, der auch an der Lorenz-Entführung beteiligt gewesen war, von zwei Gesinnungsgenossinnen mit Waffengewalt aus dem Gefängnis befreit.
Das Ende der Bewegung 2. Juni
Am 2. Juni 1980 löste sich die Bewegung 2. Juni auf. Mehrere ihrer Mitglieder schlossen sich der RAF an. Unter ihnen waren Inge Viett, Juliane Plambeck und Verena Becker.